Aktionen, Projekte und Berichte von Manuel Sutter

Energiemanagement ISO 50001 (Teil 2) 09. August 2016, Beiträge | # , ,

Im ersten Teil des Artikels wurde der Aufbau der Norm inklusive der damit in Verbindung stehenden Anforderung an ein Energiemanagementsystem (EnMS) dargestellt. Der zweite Teil befasst sich nun mit der Implementierung des Systems bei den Stadtwerken Gersthofen.

 

Warum betreiben die Stadtwerke Gersthofen ein EnMS?
SWG-Zertifikat-EnMSAufgrund der gesetzlichen Vorgaben, die im ersten Teil des Artikels angesprochen wurden, verpflichtete sich das Unternehmen 2014 zur Einführung des Systems. Hierdurch sollte vorwiegend erreicht werden, dass weiterhin Entlastungen von der Energiesteuer in Anspruch genommen werden können. Gleichzeitig hat sich die Stadt Gersthofen als Rechtsvetreter der Stadtwerke dazu entschlossen, dem Thema Energie mehr Aufmerksamkeit zu widmen, unter anderem durch die Schaffung der Stelle eines Energie- und Klimamanagers. Insgesamt waren damit gute Voraussetzungen gegeben, die Einführung des EnMS voran zu treiben.

 

Wie wurde das EnMS der Stadtwerke Gersthofen eingeführt?
Zunächst wurde bei den Stadtwerken Gersthofen 2013 und 2014 ein Energieaudit nach DIN EN 16247 durchgeführt. Bei dieser Überprüfung werden in Zusammenarbeit mit dem externen Auditor im Wesentlichen Verbrauchsübersichten über alle Energieverbraucher erstellt und mögliche Einsparpotenziale im Betrieb ermittelt. Ein solches Audit kann daher als ein passives Energiemanagement in abgespecktem Rahmen angesehen werden.
Das EnMS selbst wurde dann maßgeblich in 2015 aufgebaut und läuft jetzt daher etwa ein Jahr. Während der Aufbauphase wurden die erforderliche Dokumente erstellt, Messwerte zusammengetragen und sämtliche Strukturen erstellt, die für die Zertifizierung des Systems notwendig sind. Außerdem wurden in dieser Zeit zwei weitere Audits durch externe Firmen durchgeführt: ein vorgeschriebenes internes Audit sowie ein „Stufe 1“-Audit. Im Dezember wurde das System dann im abschließenden Zertifizierungsaudit „Stufe 2“ geprüft. Hier wurde die Normkonfirmität bestätigt und das Zertifikat ausgestellt.

 

Wie läuft ein Audit ab?
In einem Audit geht es nicht darum viele Maßnahmen zur Effizienzsteigerung vorzustellen oder die Verbrauchswerte in ein positives Licht zu rücken. Es wird ausschließlich überprüft, ob das System normkonform betrieben wird; denn wenn die Vorgaben erfüllt sind, werden sich zwangsläufig Verbesserungen einstellen! Ein typisches Audit beginnt mit der Prüfung der Dokumente und Unterlagen. Je nach Größe des Unternehmens kann dies durchaus einen oder mehrere Tage in Anspruch nehmen. Gleichzeitig steht der Energiemanagementbeauftragte dem Auditor für Fragen zur Verfügung. Im gleichen Zuge wird die Geschäftsführung über das System interviewed. Nach Prüfung der Dokumente werden meist Betriebsbegehungen durchgeführt und Mitarbeiter befragt, zum Beispiel was sie über das EnMS wissen und welche Möglichkeiten sie kennen um ihre Ideen einzubringen.

 

Wie sieht das EnMS der Stadtwerke Gersthofen in der Praxis aus?
Als Energie- und Klimamanager kümmere ich mich um die Erhebung von Zahlen und Kennwerten. Tatkräftig unterstützt werde ich dabei von den Kollegen in den Betriebszweigen (Bauhof, Friedhof, Freibad, Hallenbad, Wasserwerk), die am Thema Energieeffizienz sehr interessiert sind und auch regelmäßig eigene Vorschläge miteinbringen. Schon vor meiner Zeit wurden an bestimmten Stellen Zählerstände, Verbrauchswerte und Laufzeiten von Anlagen erfasst. Diese Werte sind neben den Energierechnungen der Versorgungsunternehmen wertvolle Eingangsdaten für die Bilanzierung der Betriebszweige. Auch die im Rahmen der Energieaudits frührer Jahre erhobenen Daten gingen in die Erstellung des EnMS mit ein. Dies waren vor allem grundlegende Informationen über sämtliche Energieverbraucher der Betriebszweige.
Aktuell existieren jedoch noch einige größere Verbraucher deren Effizienz bislang nur abgeschätzt oder anhand von stationären Messungen hochgerechnet werden kann, weil keine gesonderten Unterzähler existieren. Aus diesem Grund soll die Messwerterfassung weiter ausgebaut werden. Es muss jedoch noch geklärt werden, an welchen Anlagen und in welchem Umfang Daten digital erfasst und gespeichert werden sollen, da dies ja entsprechende Kosten verursacht.

 

Neben der reinen Datenerfassung und -Auswertung sind auch die anderen Normvorgaben zu erfüllen. So müssen Ziele, Projekte, Maßnahmen und Aktivitäten, Überprüfungen, Schulungen etc. geplant, durchgeführt und dokumentiert werden. Dies ist natürlich ein Aufwand der immer gegeben ist, egal wie groß das Unternehmen ist. Für die Stadtwerke ist dies allerdings zum Teil eine Herausforderung, da meiner Ansicht nach mehrere Aspekte des EnMS für etwas größere Unternehmen angemessener sind.
Um interessierten Personen einen Einblick in das EnMS der Stadtwerke zu geben, wird seit 2014 ein jährlicher Energiebericht herausgegeben, der im Energie- und Umweltausschuss vorgestellt wird. Darin wird die energetische Situation der Stadtwerke zusammengefasst: ausgehend vom Gesamtenergieverbrauch und den jährlichen Kosten, werden die Daten anschließend nach Energieträger sowie Betriebszweig weiter aufgeschlüsselt. Zusätzlich werden historische Werte vergangener Jahre dargestellt, um Veränderungen und Vergleiche mit der energetischen Ausgangsbasis 2014 sichtbar zu machen.

 

Welche EnMS-Themen werden aktuell bearbeitet?
Da die Stadtwerke für den Betrieb mehrerer Betriebszweige und Anlagen verantwortlich sind, bestehen Möglichkeiten für ein aktives Energiemanagement, um die energetische Leistung zu verbessern.

So wurde für das Wasserwerk Gersthofen durch ein Ingenieurbüro ein vom Bund gefördertes Klimaschutzteilkonzept „Klimafreundliche Trinkwasserversorgung“ erstellt. Dabei wurde die gesamte Wasserversorgung Gersthofens auf mögliche Energieeinsparpotenziale hin untersucht. Es zeigte sich, dass zum Beispiel dass durch den Einbau neuer, hocheffizienter Pumpen deutliche Wirkungsgradsteigerungen zu erzielen sind. Auch die Anpassung von Förderraten oder Betriebsweisen ist aus energetischer Sicht sinnvoll.

Außerdem wird momentan eine PV-Anlage für das Wasserwerk geplant. Mit ihr werden in der finalen Ausbaustufe rund 40% der benötigten Energiemenge vor Ort erzeugt werden können.

 

Im Bauhof wird ein Tausch der Hallentore geprüft, um unter anderem durch bessere Abdichtung und Dämmeigenschaften, eine andere Tortechnik (Rolltor statt Falttor) und integrierte Schlupftüren den Heizwärmebedarf zu senken. Es wären damit einerseits weniger Öffnungsvorgänge erforderlich, wenn Personen die Halle verlassen und andererseits die energetische Qualität gesteigert.

 

Wie Privathaushalte können mittlerweile auch städtische Betriebe ihren Energielieferanten wechseln. Dies erfolgt über ein Vergabeverfahren mit öffentlicher Ausschreibung. Im vergangenen Jahr wurde für die Stadt und die Stadtwerke Gersthofen die Erdgaslieferung ausgeschrieben. Aktuell läuft das Vergabeverfahren über die Stromlieferung für die nächsten drei Jahre.

 

Fazit
Dadurch dass ich für die Umsetzung der Normvorgaben verantwortlich bin, habe ich einen breiteren Blick auf das Thema Energieeffizienz im Betrieb bekommen, vor allem was die systematische Herangehensweise betrifft.
Zukünftig wird der Fokus auf der weiteren Verbesserung der Abläufe und dem Ausbau der messtechnischen Infrastruktur liegen. Denn wenn ein tieferes Verständnis über die Anlagen und Prozesse aufgebaut wird, können Verbesserungen zielgerichtet umgesetzt werden. Insgesamt ist der Aufbau und Betrieb eines EnMS für Unternehmen eine aufwändige, aber sehr sinnvolle Angelegenheit, um Energieverbräuche und – Kosten im Griff zu behalten und stetige Verbesserungen anzustoßen.