Fremde Länder kannte ich bislang nur aus der Sicht des Urlaubers. Ich wollte jedoch auch einmal länger an einem Ort bleiben, um intensiver in das Leben anderer Menschen außerhalb Deutschlands einzutauchen. Bekanntermaßen existieren von Schüleraustausch über Auslandsstudium oder Travel & Work, diese und zahlreiche weitere Möglichkeiten, um andere Kulturen und Menschen kennenzulernen. Ich entschied mich 2011 ein halbes Jahr auf einer Missionsstation in Simbabwe zu leben und zu arbeiten. Meine Eindrücke und Erlebnisse während dieser Zeit will ich an dieser Stelle schildern.
Die Missionsstation
Das Land Simbabwe liegt nördlich von der Republik Südafrika. Nach meiner Erfahrung ist die Lage den wenigsten Deutschen bekannt – viele kennen jedoch eher den langjährigen Machthaber: Präsident Mugabe. Nach der Ankunft in der Hauptstadt Harare folgt eine Autofahrt über mehrere Stunden. Der erste Teil lässt sich dabei leicht bewältigen, weil es über eine „Autobahn“ geht, also im Vergleich mit Deutschland eine bessere Landstraße. Man erkennt auch recht schnell weshalb das Land die Kornkammer Afrikas genannt wird: riesige Felder reihen sich aneinander. Zwischendurch sind immer wieder beeindruckende Fels- und Hügelformationen zu sehen. Der zweite Teil der Autofahrt führt über eine „Dust-Road“ – eine gekießte Straße. Auf den besseren Abschnitten fahren die Einheimischen zum Teil deutlich schneller als 100 km/h. Leider ist es fast die Regel, dass niemand einen Sicherheitsgurt im Auto hat. Dazu kommt dann oft eine spektakuläre Fahrweise, um den Schlaglöchern auszuweichen. Somit ist die Fahrt recht anstrengend einerseits, andererseits aber auch sehr aufregend, weil man verschiedene Landstriche durchquert und zahlreichen Menschen begegnet. Beispielsweise sieht man Kinder die in Schule gehen, Frauen die Brennholz sammeln oder Jungen und Männer die ihre Tiere zu Futterstellen führen oder anderen Arbeiten nachgehen.
Nach insgesamt über vier Stunden Autofahrt ist das Ziel dann erreicht: Herzlich Wilkommen auf der St. Rupert Mayer Mission! Bei der Ankunft sticht sofort als erstes ein großes, für Afrika untypisches Gebäude ins Auge. Es ist das neue Unterrichts- und Verwaltungsgebäude der Secondary School. Es wurde neben den bestehenden Räumlichkeiten von einer Gruppe münchener Architektur-Studenten, gemeinsam mit einheimischen Arbeitern, errichtet. Außer dem Schulgebäude, dass durch seine intelligente Bauweise für durchgehend angenehme Temperaturen in Inneren sorgt, wurden seit 2006 noch zwei Lehrerhäuser mit Wasserspeicher, ein Basketballfeld und ein Küchen- und Gemeinschaftsgebäude für das Internat gebaut. Ausführliche Informationen zu diesen Projekten sind auf der Webseite des Vereins learning from the roots* zu finden.
Zu Beginn meiner Zeit auf der Missionsstation war noch nicht gänzlich geklärt, wie alle meine Aufgaben im Detail aussehen werden. Dies war zum einen dadurch bedingt, dass die Kommunikation nach Simbabwe äußerst erschwert war (kein Telefon, kein Internet…) und zum anderen daran lag, dass ich überhaupt keine Vorstellung davon hatte, welches Umfeld mich dort erwartet. Vor Ort hat sich aber schon nach kurzer Zeit offenbart, welche Dinge es tun gibt und wie ich meine Fähigkeiten und mein Wissen einbringen kann: Zum einen galt es Messungen fortzuführen, die von drei anderen TU-Studenten begonnnen wurden. Zum anderen sollten jegliche weiteren Daten gesammelt werden, die für das Projekt jetzt und in Zukunft von Relevanz sein könnten. Und zuletzt sollte auch das Leben und Umfeld auf der Mission beobachtet werden, um die Rahmenbedingungen für ein weiteres Engagement aus Deutschland in Erfahrung zu bringen. Eine Zusammenfassung der wesentlichen Themen mit denen ich mich beschäftigt habe, ist in der Präsentation enthalten, die ich nach meinem Aufentahlt am Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik zeigte.
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Wie die Präsentation zeigt, ist auf dem Gebiet der Mission die wichtigste technische Infrastruktur vorhanden: es gibt eine Versorgung mit Strom und Wasser. Während meines Aufenthaltes wurde sogar noch ein Mobilfunknetz aufgebaut, so dass inzwischen auch Telefonate in die Welt möglich sind; auch Internetverbindungen funktionieren, zwar recht langsam, aber immerhin!
Stromversorgung
Obwohl die Mission recht abgelegen liegt, ist sie über einen konventionellen Ortsnetztransformator an das Versorgungsnetz angeschlossen. Von dort wird die Elektrizität zu den einzelnen Abnahmestellen geleitet. Dies sind die Schulen, der Kindergarten, das Krankenhaus und einige Wohngebäude. In zahlreichen Messungen wurde der Energieverbrauch der Abnehmer untersucht. Während diesen Messungen und den Gesprächen mit den Verantwortlichen vor Ort zeigten sich die Herausforderungen mit denen die Mission zu kämpfen hatte: häufig gab es Stromausfälle, die sich vor allem erheblich auf den Betrieb des Krankenhaus auswirken. Außerdem kam es in den letzten Jahren immer wieder zu Blitzeinschlägen, die technische Einrichtungen zerstörten. Ein weiteres Problem bestand in der ungleichen Belastung der drei Phasen in Verbindung mit der unzureichenden Erdung des Sternpunktes: hierdurch standen manche Anlagen und Gehäuse unter Spannung, was sehr gefährlich ist.
Trinkwasserversorgung
Das Wasser ist von guter Qualität, weil es aus den Grundwasserschichten des nahegelegenen Flusses entnommen wird. Die Versorgung der Mission wird über zwei Bohrlöcher und mehrere Hochbehälter sichergestellt. Im Zuge der Analysen wurden der Leitungsverlauf sowie der Wasserbedarf ermittelt, um Aussagen über mögliche Verbesserungsmaßnahmen treffen zu können. Es zeigte sich, dass im System Undichtigkeiten vorliegen, die zu einer recht schnellen Entleerung der Behälter führen, wenn die Stromversorgung ausfällt. Interessanterweise war es aber gerade erst durch die Stromausfälle überhaupt möglich den Wasserverbrauch zu messen, da nur an wenigen Stellen im Netz Wasserzähler verbaut sind. Über die Entleerung des Hochbhälters, beziehungsweise die Füllstandsänderung, ließ sich die entnommene Wassermenge pro Zeit berechnen.
Insgesamt ist eine funktionierende Strom- und Wasserversorgung für viele Bereiche der Mission sehr wichtig. Beim Versorgungsausfall musste beispielsweise das Wasser von Hand gepumpt, oder das Essen auf dem Feuer zubereitet werden. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sind regelmäßige Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Aus meiner Sicht ist vor allem der Wissenstransfer für Einheimische ein sehr gut geeignete Mittel, um Verbesserungen zu erreichen und die Selbsthilfe zu unterstützen. Eine Schwierigkeit hierbei ist aber die Tatsache, dass Fachkräfte in die Städte gehen, um dort Geld für ihre Familien zu verdienen.
Leben auf der Mission
Neben den täglichen Aufgaben, konnte ich zahlreiche, unglaublich wertvolle Erfahrungen sammeln, die mein Leben wirklich bereichert haben. Sehr viele Menschen sind äußerst freundlich und nett. Die Kultur und die Lebensumstände sind natürlich völlig anders. Außerdem konnte ich nicht den Eindruck gewinnen, dass es vielen Menschen schlecht geht, was man angesichts dem Bild das von Afrika in den Medien gezeichnet wird kaum glauben kann. Dennoch ist es ist natürlich ein einfaches Leben das die Landbevölkerung führt. Aber die Mission und das Engagement der Jesuiten an diesem Ort haben haben sicherlich auch stets zur Verbesserung der Lebensbedingungen geführt.
Ich durfte auf der Mission und in dem Land so vieles erleben, was sich schwer in wenige Worte fassen lässt. Aus diesem Grund habe ich ein kleinen Teil meiner Fotos aus dieser Zeit in einem eigenen Beitrag zusammengetragen: Simbabwe Bilder 2011. Insgesamt fiel mir der Abschied nach sechs Monaten durchaus schwer. Bleiben werden sehr viele schöne Erinnerungen und ein paar Kontakte, die sich durch das neue Mobilfunknetz auch halten lassen!