Von November 2011 bis Mai 2012 war ich als Diplomand an der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) angestellt. In meiner Abschlussarbeit befasste ich mich mit der „Identifikation von Optimierungspotenzialen einer Solarthermieanlage“. Nachfolgend sind wesentliche Punkte des Inhaltes zusammengefasst.
Hintergrund
In deutschen Haushalten wird der größte Endenergieanteil für Wärmezwecke benötigt: 85% entfallen auf Raumheizwärme und Warmwasserbereitung, die restlichen 15% auf elektrische Energie [1]. Da die Bundesregierung im Gebäudebereich bis 2050 eine Reduktion des Energiebedarfes um 80% anstrebt, müssen sowohl Einsparpotenziale ausgeschöpft, als auch Effizienzsteigerungen der konventionellen Technik und der Einsatz regenerativer Energien konsequent voran gebracht werden. Solarthermieanlagen (ST) leisten hierzu einen wertvollen Beitrag. Untersuchungen in der Vergangenheit haben jedoch gezeigt, dass nicht alle Anlagen ihr volles Potenzial ausschöpfen [2] – es kam in vereinzelten Fällen sogar vor, dass nach dem Einbau eines ST-Systems der Öl/Gasverbrauch gestiegen ist, wie Abbildung 1 zeigt.
Aus diesem Grund beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Fragestellung, in wie weit bestehende ST-Anlagen optimiert werden können, um den solaren Deckungsgrad weiter zu steigern. Durch die exemplarische Analyse eines ST-Systems wurde das Betriebsverhalten genau erforscht, um daraus Möglichkeiten für Effizienzsteigerungen abzuleiten. Die Arbeit ist in ein Projekt der FfE eingebunden, in welchem das energetische Substitutionspotenzial durch ST-Anlagen für den deutschen Gebäudebestand – regional aufgelöst – ermittelt wird.
Anlagenaufbau
Die untersuchte ST-Anlage befindet sich auf dem Dach einer Doppelhaushälfte im münchener Umland. Vier Personen bewohnen dieses Gebäude, welches eine Wohnfläche von 150 m² aufweist. Ein Doppelspeicher mit insgesamt 1600 L Inhalt und ein Kollektorfeld mit einer Fläche von 20,5 m² bilden die Kernkomponenten des Systems. Diese und weitere Elemente, wie z.B. verbauten Sensoren, sind in Abbildung 2 gezeigt. Üblicherweise werden ST-Anlagen nur mit der für den Betrieb notwendigen Anzahl an Messsensoren ausgestattet. Die untersuchte Anlage ist dagegen mit einer Vielzahl von Temperatursensoren, sowie zusätzlichen Wärmemengenzählern ausgestattet. Gemeinsam mit weiteren Parametern, wie der solaren Einstrahlung, Pumpendrehzahlen und Ventilstellungen steht eine umfangreiche Basis für detaillierte Analysen zur Verfügung. Alle Messwerte werden seit Mitte 2007 per Datenlogger im Minutenraster aufgezeichnet.
Analysen
Durch den Vergleich mit Aufzeichnungen des Ölverbrauchs aus der Vergangenheit, konnte ermittelt werden, dass die ST-Anlage jährlich eine relative Energieeinsparung von 30% erreicht. Eine Bilanzierung monatlich umgesetzter Energiemengen ermöglicht darüber hinaus die Visualisierung jahreszeitlicher Effekte (Abbildung 3): Der Energiebedarf für die Warmwasserbereitung (WW) ist nahezu konstant. Erwartungsgemäß ist die Fußbodenheizung (FBHz) nur bei kalten Außentemperaturen im Winter und der Übergangszeit aktiv. Hohe solare Gewinne ermöglichen in den Sommermonaten das Abschalten des Heizkessels (NachHz) für die Warmwasserbereitung – gleichzeitig fallen jedoch erhebliche, ungenutzte Überschüsse an. Insgesamt ist festzuhalten, dass zwar die relative Energieeinsparung im Sommer am größten ist, aber die absolut höchsten Einsparungen in der Übergangszeit zu verzeichnen sind. Denn dort wird, bei nach wie vor ausreichender Sonnenstrahlung, ein erheblicher Teil der Raumheizwärme solarthermisch gedeckt. Auch im Winter treten solare Gewinne auf, die allerdings geringer als in der übrigen Zeit ausfallen.
Rohrwärmeverluste
Beim Transport des Wärmeträgermediums im Solarkreis entstehen thermische Verluste. So kühlt das frostsichere Wasser-Glykol-Gemisch auf dem Weg vom Kollektorfeld in den Heizungskeller messbar aus. Es konnte nachgewiesen werden, dass diese Verluste im Mittel einem Drittel der von den Kollektoren gelieferten Wärmemenge entsprechen. Die ursprüngliche Dämmung des Solarkreises war nicht akkurat ausgeführt. Es gab Quetschungen an Biegungen, Lücken durch nachträgliches Schrumpfen der Dämmung etc. Der Anlagenbesitzer entschied sich daher Ende 2011, mehrere Fehlstellen eigenhändig auszubessern. In der Diplomarbeit wurde untersucht, ob diese Maßnahme zur Verringerung der Rohrwärmeverluste beitragen konnte: Hierzu wurden alle Tage zwischen Juli 2010 und November 2011 (Beginn der nachträglichen Dämmung) gesucht, an denen die Solarkreispumpe angeschaltet wurde. Zusätzlich wurden innerhalb dieser Tage die längsten Zeiträume gesucht, an denen die Solarkreispumpe mindestens zehn Minuten lang in Betrieb war, um den Einfluss dynamischer Temperatureffekte zu verringern. In diesen Zeitfenstern wurden die mittleren Rohrwärmeverluste bestimmt und über der mittleren Temperaturdifferenz zur Außentemperatur angetragen. So ergab sich für jeden Tag ein schwarzer Datenpunkt in Abbildung 4. Mit demselben Vorgehen wurden die blauen Punkte bestimmt – diese Werte stellen Messungen nach Abschluss der Dämmmaßnahme bis zum 01.05.2012 dar.
Für Rohre die entsprechend der Energieeinsparverordnung (EnEV) zu 100% gedämmt sind, was ebenfalls auf die vorliegenden Rohrleitungen zutrifft, sollten sich laut Literaturangaben [3] deutliche geringere Verluste einstellen (vgl. Abbildung 4). Selbst die Ausbesserung der Fehlstellen 2011 erbrachte kaum ein nachweisbare Verringerung der Verluste. Bei einer weiteren ST-Anlage, welche zu Vergleichszwecken untersucht wurde, wurden Werte gemessen die noch deutlicher überhöht waren. Es ist daher äußerst wichtig der Rohrleitungsdämmung die gebotene Relevanz einzuräumen, damit thermische Verluste im langjährigen Betrieb effektiv reduziert werden.
Drehzahlregelung Solarkreispumpe
Die Funktion der Solarkreispumpe geht über den reinen Flüssigkeitstransport hinaus. Einzig eine Veränderung der Pumpendrehzahl bietet die Möglichkeit, Einfluss auf den Betriebspunkt des Kollektors zu nehmen. Drehzahlgeregelte Pumpen wurden auch in der untersuchten Anlage verbaut, da sie den Stand der Technik darstellen und energieeffizient arbeiten.
Beispielhaft ist hierfür in Abbildung 5 das Regelverhalten an einem sonnigen Tag gezeigt. In Abhängigkeit der Kollektortemperatur wird die Drehzahl der Solarkreispumpe eingestellt. Es fällt sofort auf, dass die Pumpe taktet und nur bestimmte Drehzahlstufen annimmt. Durch die daraus resultierenden Temperaturschwankungen im Kollektor entstehen zusätzliche Verluste, welche mit einer angepassten Regelung vermieden werden könnten. Das gleiche Verhalten konnte wiederum bei der zweiten untersuchten ST-Anlage festgestellt werden. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass auch bei weiteren Anlagen Optimierungspotenziale bei der Regelung der Solarkreispumpe zu finden sind.
Eine vergleichbare Regelungsaufgabe ist aus der Photovoltaik bekannt. Dort wird durch das maximum power point tracking (MPP-Tracking) sichergestellt, dass trotz der nichtlinearen Modulkennlinie der beste Wirkungsgrad erzielt wird. Vergleichbare Lösungen haben sich im Solarthermie-Bereich bislang nicht durchgesetzt, obwohl dies auch hier eine zentrale Herausforderung ist, um die Anlageneffizienz zu steigern.
Zusammenfassung und Ausblick
Diese Arbeit soll einen Beitrag zur weiteren Optimierung von solarthermischen Anlagen liefern. Dazu wurde zunächst ein umfangreiches Auswertungsprogramm entwickelt. Zahlreiche Betriebsparameter wurden detailliert untersucht, um einerseits eine energetische Bilanzierung durchführen zu können und Handlungsempfehlungen für Hersteller, Anlagenbauer und -Besitzer abzuleiten. Darüber hinaus wurde nachgewiesen, dass moderne ST-Systeme in der Lage sind einen erheblichen Teil des Wärmebedarfs von Gebäuden zu decken und so zur Verringerung von Ressourcenabhängigkeit und CO2-Emissionen beitragen.
Neben den auszugsweise beschriebenen Analysen ergab sich im Verlauf der Arbeit eine weitere interessante Fragestellung, welche die Verschaltung der Kollektoren betrifft. Die Hersteller geben für ihre Produkte an, wie viele Kollektoren maximal in Reihe geschaltet werden dürfen, um keinen zu hohen Druckabfall im Solarkreis zu erzeugen. Jeder Kollektor trägt dabei zur Erwärmung der Solarflüssigkeit bei, indem er deren Temperaturniveau um einen gewissen Betrag anhebt. Mit höheren Temperaturen treten jedoch verstärkt thermische Verluste auf, weshalb die Effizienz mit jedem durchströmten Kollektor abnimmt (Abbildung 6). Um nun den Wirkungsgrad eines Kollektorfeldes unter kostenoptimalen Gesichtspunkten zu steigern, wird folgende Neuerung vorgeschlagen: Die ersten Kollektoren einer Reihe sollen mit preisgünstigen Flachkollektoren aufgebaut werden. Am Ende sollen sich dann teurere, aber effizientere, Vakuumröhrenkollektoren befinden. Durch die bis heute unübliche Kombination beider Typen können die Vorteile jedes einzelnen genutzt werden. Vereinfacht gesagt, wird die erforderliche Fläche über Flachkollektoren und das hohe Temperaturniveau durch Vakuumröhrenkollektoren bereitgestellt.
Literatur:
[1] Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Stromversorgung/Deutscher Netto-Stromverbrauch 2011
[2] T. Letz et al.: Solar Combisystems Promotion and Standardisation, D4.4 : Comparison of results of all monitored plants, CombiSol project (2010)
[3] Recknagel, Sprenger, Schramek:Taschenbuch für Heizung und Klimatechnik, Oldenbourg Industrieverlag (2009)
Download der Langfassung: Optimierung Solarthermieanlage